Anasayfa , Ön Resim , Wir vergessen nicht Dêrsim 1937/38: Die Sonne gefror am Himmel​

Wir vergessen nicht Dêrsim 1937/38: Die Sonne gefror am Himmel​

Die Sonne gefror am Himmel
(Gedenken an den Völkermord in Dersim 1937-1938)

Dersim (heute Tunceli) ist eine Provinz im Osten der Türkei. Sie ist die Heimat alter Sprachen wie Armenisch, Kurdisch (Kurmandschi) und Zazaki (Kırmancki), aber vor allem der Kizilbasch-Alevit:innen mit ihrem alten Glauben. Diese Identitäten waren in der Vergangenheit sowohl für das Osmanische Reich (im Rahmen seiner „Zentralisierungs- und Modernisierungsbestrebungen“) als auch für die später neugegründete Türkische Republik ein Problemfall.

Ab den 1920er-Jahren begannen staatliche Stellungnahmen, Berichte, Zeitungsartikel und offizielle Korrespondenzen, die die Dersimer:innen als Fremdartige deklarierten. Fortan wurde Dersim als jene Provinz dargestellt, die sich der staatlichen Autorität unbeugsam und verweigernd entgegenstellte. Infolgedessen betrachtete die Türkische Republik Dersim als ein pathologisches Problem und brachte dies mit abwertenden Metaphern (beispielsweise als „Tumor“) zum Ausdruck.

Aus diesem Grund wurde Dersim mehrfach Ziel bewaffneter Interventionen. Niemand kennt die genaue Zahl der Menschen, die bei diesen militärischen Angriffen getötet wurden. Das größte Massaker fand jedoch im Rahmen des Völkermordes im Jahr 1938 statt. Die damalige türkische Regierung mobilisierte ihre Armee, bombardierte die Region und ihre Bewohner:innen und setzte Giftgas aus deutscher Produktion ein. Nach offiziellen staatlichen Angaben wurden mindestens 20.000 Menschen getötet – tatsächlich waren es jedoch weitaus mehr. Viele weitere wurden ins Exil getrieben. Die Stimme und der Atem von Dersim wurden abgeschnitten.

Die Schreie der Frauen, Kinder, alten Menschen und Tiere von Dersim drangen zum Himmel – doch niemand hörte sie. Kein Soldat schrieb in seinen Memoiren über dieses große Massaker, die Zeitungen berichteten nicht darüber. Die Mörder schwiegen, die Welt schwieg. Heute geben die Nachkommen der Überlebenden dieses Massakers den Schreien ihrer Vorfahren eine Stimme – in der ganzen Welt.

Dieses Denkmal sowie dieser Baum stehen zum Gedenken an die Zehntausenden unschuldiger Alevit:innen. Sie sollen ihre Stimme und ihr Atem sein. Der nie stattgefundenen Erinnerungsarbeit werden damit – Jahrzehnte nach den Geschehnissen – endlich Wurzeln gesetzt.